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Im Kapitel zum Zusammenhang zwischen Bestand und Änderungsrate wurde bereits ein Verfahren gezeigt, mit welchem der Bestand/Flächeninhalt einer linearen Änderungsrate/Funktion exakt bestimmt werden konnte. Im Folgenden soll diese Methodik auf nicht lineare Funktionen erweitert werden.
Die folgende Abbildung zeigt die sogeannte Ober- und Untersumme einer Funktion.
- Erläutere kurz, wie die Ober- bzw. Untersumme den Bestand/Flächeninhalt annähert.
- Gib ein Sachbeispiel und ein geometrisches Beispiel zu der gezeigten Funktion an. (Was kann mithilfe der Obersumme bzw. Untersumme annähernd berechnet werden?)
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Erkläre stichpunktartig, warum die Obersumme, bzw. Untersumme den Flächeninhalt zwischen der Funktion und der x-Achse für das Intervall \([0;1]\) nur näherungsweise berechnet.
- Erläutere den Unterschied zwischen Obersumme und Untersumme.
- Stelle einen mathematischen Ausdruck zur Berechnung der Ober- bzw. Untersumme auf und berechne diese.
Lösung:
- Bei der Ober- bzw. Untersumme wird die Fläche unter der Funktion durch Rechtecke angenähert. Der Flächeninhalt der Rechtecke kann durch deren Breite und Höhe berechnet werden.
- Sachbeispiel: Ein Baum hat in den ersten Jahren eine annähernd quadratische Wachstumsgeschwindigkeit. Der Bestand dieser Änderungsrate entspricht der Höhe des Baums.
Geometrisches Beispiel: Die Rasenfläche zwischen einer Autobahnzufahrt und einer Autobahn wird durch \(f(x)=x^2\) und der \(x\)-Achse begrenzt. Die Fläche des Rases entspricht dem geometrischen Flächeninhalt zwischen \(f(x)=x^2\) und der \(x\)-Achse.
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Bei der Obersumme ist der Flächeninhalt der Rechtecke größer als der eigentliche Flächeninhalt. Bei der Untersumme ist er niedriger, da die Rechtecke die Fläche nicht perfekt ausfüllen.
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Die Obersumme nähert den Flächeninhalt von oben an, d.h. der Zahlenwert ist größer als der der Untersumme. Das erste Rechteck hat als Höhe den Funktionswert \(f(0.5)\), bei der Untersumme hingegen \(f(0)\).
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\[O_4=\frac{1}{2}\cdot 0.25+ \frac{1}{2}\cdot 1+\frac{1}{2}\cdot 2.25+\frac{1}{2}\cdot 4=3.75\]
\[U_4=\frac{1}{2}\cdot 0+ \frac{1}{2}\cdot 0.25+\frac{1}{2}\cdot 1+\frac{1}{2}\cdot 2.25=1.75\]
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Im folgenden GeoGebra Notebook lassen sich Ober- und Untersumme nachbauen.
- Baue die Ober- und Untersumme für die Funktion \(f(x)=0.1x^2\) über die Intervalle \([0;3]\), \([0;4]\) und \([0;5]\) mit jeweils 5 Rechtecken (\(n=5)\) nach.
- Baue die Ober- und Untersumme für die Funktion \(f(x)=0.1x^2\) über das Intervall \([0;3]\) mit jeweils 3, 4 und 5 Rechtecken nach.
- Beschreibe, wie sich die Rechtecke in den beiden oberen Aufgaben verändern.
- Baue die Ober- und Untersumme für die Funktion \(f(x)=0.1x^3\) über das Intervall \([0;3]\) mit jeweils 3, 4, 5 und 10 Rechtecken nach.
- Was passiert, wenn man die Anzahl der Rechtecke ganz groß werden lässt?
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Für die Funktion
\[f(x)=x^2\]
wurde über dem Intervall \([0;2]\) folgende Untersumme mit 8 Rechtecken gebildet:
\[\begin{eqnarray}U_8&=&\frac{1}{8}\cdot f(\frac{1}{8})+\frac{1}{8}\cdot f(\frac{2}{8})+\frac{1}{8}\cdot f(\frac{3}{8})+\frac{1}{8}\cdot f(\frac{4}{8})\\
&&+\frac{1}{8}\cdot f(\frac{5}{8})+\frac{1}{8}\cdot f(\frac{6}{8})+\frac{1}{8}\cdot f(\frac{7}{8})+\frac{1}{8}\cdot f(\frac{8}{8})\end{eqnarray}\]
- Fertige zunächst von der gesuchten Untersumme eine Skizze an und gib die Breite, sowie die Höhe jedes Rechtecks an.
- Überprüfe, ob beim Aufstellen der Untersumme ein Fehler unterlaufen ist. Korrigiere gegebenenfalls.
Lösung:
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Jedes Rechteck hat die Breite
\[\frac{2}{8}=0.25\]
Die Höhe jedes Rechtecks ergibt sich durch den Funktionswert an der entsprechenden Stelle:
\[I:f(0)=0\quad II:f(0.25)=0.25^2=0.0625 \quad III:f(0.5)=0.5^2=0.25\quad\ldots\]
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Im Beispiel wurde die falsche Breite für das Rechtecke gewählt. Zudem stimmen die Stellen für die Funktiosnwerte nicht. Der richtige Ausdruck lautet:
\[\begin{eqnarray}U_8&=&\frac{1}{4}\cdot f(0)+\frac{1}{4}\cdot f(\frac{1}{4})+\frac{1}{4}\cdot f(\frac{2}{4})+\frac{1}{4}\cdot f(\frac{3}{4})\\
&&+\frac{1}{4}\cdot f(\frac{4}{4})+\frac{1}{4}\cdot f(\frac{5}{4})+\frac{1}{4}\cdot f(\frac{6}{4})+\frac{1}{4}\cdot f(\frac{7}{4})\end{eqnarray}\]
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Anstelle einer ausgeschreibenen Summe kann auch das Summenzeichnen verwendet werden. Bspw. gilt:
\[\frac{1}{4}+\frac{2}{4}+\frac{3}{4}+\frac{4}{4}=\sum_{i=1}^4\frac{i}{4}\]
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Vollziehe diese Schreibweise zunächst nach und versuche anschließend folgende Summen mithilfe des Summenzeichens zu schreiben:
\[1+2+3+4+5+6+7+8\]
\[\frac{1}{2}+\frac{1}{3}+\frac{1}{4}\]
\[3\frac{1}{2}+3\frac{2}{2}+3\frac{3}{2}\]
- Für eine beliebige Funktion \(f(x)\) gilt für die Untersumme bei vier Rechtecken im Intevall \([0;2]\):
\[U_4=\sum_{i=0}^2\frac{2}{4}f\left(\frac{2}{4}i\right)\]
Woran lässt sich in der oberen Formel die Breite, die Höhe und die Anzahl der Rechtecke ablesen, und warum handelt es sich um die Untersumme und nicht die Obersumme?
- Stelle einen Ausdruck für die Untersumme einer beliebigen Funktion \(f(x)\) mit 5 Rechtecken über das Intervall \([0;3]\) auf.
- Was beschreiben folgenden Asudrücke:
\[U_n=\sum_{i=0}^{n-1}\frac{1}{n}f\left(\frac{1}{n}i\right)\]
\[U_4=\sum_{i=0}^{4-1}\frac{k}{4}f\left(\frac{k}{4}i\right)\]
Tipp: Setze für \(n=4\) nzw. \(k=2\) ein und schreibe den Ausdruck aus.
- Stelle jeweils einen Ausdruck für die Obersumme bzw. Untersumme für eine beliebige Anzahl \(n\) an Rechtecken und eine beliebige Intervallbreite \([0;k]\) auf.
- Wann schätzen Obersumme bzw. Untersumme den Flächeninhalt unter einer Funktion am Besten ab?
Lösung:
Sobald die Anzahl der Rechtecke \(n\mapsto \infty\) wird, da so die Fläche perfekt durch die Rechtecke ausgefüllt wird.
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Berechne die Ober- und Untersumme der Funktion \(f(x)=2x^3\) für \(n=3\) für die Intervalle
- \([0;4]\)
- \([0;5]\)
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Berechne die Ober- und Untersumme für das abgebildete Beispiel.
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Folgende Rechnung zeigt, wie sich die Untersumme der Funktion \(f(x)=x^2\) über dem Intervall \([0;k]\) für \(n\mapsto \infty\) berechnen lässt.
\[\begin{eqnarray}
U_n &=&\sum_{i=0}^{n-1}\frac{k}{n}f\left(\frac{k}{n}\cdot i\right)\\
&=&\sum_{i=0}^{n-1}\frac{k}{n}\left(\frac{k}{n}\cdot i\right)^2\\
&=&\sum_{i=0}^{n-1}\frac{k^3}{n^3}i^2\\
&=&\frac{k^3}{n^3}\sum_{i=0}^{n-1}i^2\\
&=&\frac{k^3}{n^3}\left(\sum_{i=0}^{n}i^2\right)-n^2
\end{eqnarray}\]
mit
\[\sum_{i=0}^{n}i^2=\frac{n(n+1)(2n+1)}{6}\]
folgt:
\[\begin{eqnarray}
U_n &=&\frac{k^3}{n^3}\left[\left(\sum_{i=0}^{n}i^2\right)-n^2\right]\\
&=&\frac{k^3}{n^3}\left[\frac{n(n+1)(2n+1)}{6}-n^2\right]\\
&=&\frac{k^3}{n^3}\left[\frac{2n^3+n^2+2n^2+2n-6n^2}{6}\right]\\
&=&\frac{k^3}{n^3}\left[\frac{2n^3-3n^2+2n}{6}\right]\\
&=&\frac{k^3}{6}\left[2-\frac{3}{n}+\frac{2}{n^2}\right]
\end{eqnarray}\]
Nun bilden wir den Grenzwert:
\[\begin{eqnarray}
A(k)=\lim_{n\mapsto \infty}U_n &=&\lim_{n\mapsto\infty}\frac{k^3}{6}\left[2-\frac{3}{n}+\frac{2}{n^2}\right]\\
&=& \frac{k^3}{6}\cdot 2=\frac{1}{3}k^3
\end{eqnarray}\]
Das heißt für beliebige Intervalle \([0;k]\) lässt sich der Bestand von \(f(x)=x^2\) durch \[A=\frac{1}{3}k^3\] berechnen.
- Versuche die Rechnung nachzuvollziehen, notiere dir ggf. einige Fragen zu den Umformungen.
- Welcher Zusammenhang lässt sich zwischen den Funktionen
\[f(x)=x^2\]
und
\[A(k)=\frac{1}{3}k^3\]
erkennen?